Spannendes Bezahlmodell: Gäste bestimmen den Preis

Seit 12 Jahren lässt die Nürnberger Weinerei ihre Gäste bestimmen, was sie zahlen wollen. Auch bei anderen Gastronomiebetrieben scheint dieses Bezahlmodell zu funktionieren. Allerdings sollten sich Betreiber die das Modell einführen möchten bewusst sein, worauf sie sich einlassen. 

Die Weinerei in Nürnberg verlässt sich seit 12 Jahren auf die Loyalität ihre Gäste und verzichtet auf eine Preisvorgabe. Die Kunden dürfen frei entscheiden, was sie am Ende ihres Gaststättenbesuchs bezahlen. Pro Glas Wein geben die Kunden der Weinerei durchschnittlich 2,50 Euro aus, was deutlich unter den in Nürnberger Lokalen verlangten Preisen liegt. Gezahlt wird immer, aber in unterschiedlicher Höhe nach jeweiligem Ermessen. Das funktioniert allerdings nur, weil das Lokal ehrenamtlich bewirtschaftet wird. Wenngleich der Vorsitzende einräumt, dass der Betrieb auch dann noch wirtschaftlich wäre, wenn der Verein zwei Mitarbeiter einstellen würde.

Partizipative Preismodelle in der Gastronomie beliebt
Betriebswirtschaftler haben das Phänomen des Modells „Pay what you want“ untersucht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es durchaus profitabel sein kann, dem Kunden zu überlassen, welchen Preis er zahlen will. Allerdings funktioniert es nur dann, wenn man seinem Gegenüber in die Augen schauen muss und nicht anonym ist. Im Internet oder am Telefon, wenn keine genauen Daten zur Person verlangt werden, wäre dieses Modell kaum von Erfolg gekrönt. Marcus Kunter, Wirtschaftswissenschaftler an der Technischen Hochschule in Aachen, hat in seinen Forschungen zu partizipativen Preismodellen herausgefunden, dass es nur ein bis zwei Prozent wagen, ohne Bezahlung zu gehen, während die übrigen 98 Prozent ihren Geldbeutel zücken.

Am Anfang lockt der Reiz der Preisfreiheit bei „Pay what you want“
Die Betriebswissenschaftlerin und Professorin für Marketing Ju-Young Kim von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hat zusammen mit einigen Kollegen Marktanalysen durchgeführt. Diese ergaben, dass “Pay what you want”- Modelle kurzfristig sogar zu höheren Umsätzen führen, weil der Reiz der Preisfreiheit lockt, der die Kunden anzieht, die einzeln zwar nicht viel zahlen, die Menge das aber ausgleicht. Das bestätigt auch Ulrich Schultze von der Weinerei, der sich an den Zustrom kurz nach der Eröffnung der Bar erinnert, als die Leute in Massen kamen. Heute ist es eher eine Mischung aus Stammpublikum und neuen Gästen, die sich am Wochenende dort einfinden. In dem persischen Restaurant Kish in Frankfurt ist nach 8 Jahren partizipativem Preismodell – allerdings nur fürs Mittagessen – der Umsatz zurückgegangen. Der Inhaber Pourya Feily erklärt es damit, dass die Gäste insgesamt weniger Geld zur Verfügung haben. Dem widerspricht die Analyse des Aachener Professors Markus Kunter, der festgestellt hat, dass die Zahlungsmoral bei „Pay what you want“ mittel- und langfristig sinkt.

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