Die Speisekarte als Kunden-Gewinner, Teil 1

Die Speisekarte und das kulinarische Leitbild sind trotz aller werblichen Nebenkriegsschauplätze die wichtigsten Aushängeschilder in der Gastronomie. Hier gibt es starke Möglichkeiten Individualität und Klasse zu zeigen, sich vom Wettbewerb abzuheben und einen Attraktor zu schaffen, der – sofern auch mit Leben gefüllt – eine echte Differenzierungsmöglichkeit zum Wettbewerb schafft. Wer Anregungen sucht – wir haben uns ein bisschen nach besonderen Speisekarten umgesehen.

Speisenkonzept No. 1: Nostalgisch: Essen wie bei der Ostberliner-Mama

Das Restaurant Domklause kocht ausschließlich nach alten Rezepten aus der DDR. Die Speisekarte setzt voll und ganz auf traditionell ostdeutsche Küche und Zubereitung. Originale Malereien aus der DDR zieren die Wände und produzieren, zusammen mit den fast vergessenen Gerichten, einen ganz eigenen Charme, wie man heute kaum noch kennt. Ein bisher einzigartiges Konzept mit einer Karte, die ihresgleichen sucht. Praktischerweise liegt das DDR-Restaurant direkt neben dem Berliner DDR-Museum.

Speisenkonzept No. 2: „Ich könnt ‘ne ganze Kuh essen“

Das Restaurant Candela Lounge setzt, in jedem Sinne gesehen, neue Maßstäbe für Essen. Wer hier Gast ist, sollte einen ordentlichen Hunger mitbringen und sich besser danach nicht auf die Waage stellen, denn hier gibt es keine „normalen“ und schon gar keine „Kinder“-Portionen. Bei Steak, Roulade, Hamburger hat der Besucher nur die Wahl zwischen XL oder XXXL. Die Currywurst in der Candela Lounge ist einen Meter lang, der Burger 2 Kilogramm schwer. Da ist das Essen zwar eher Herausforderung als Genussmittel, aber ein Erlebnis immerhin. Ähnliche Konzepte gibt es auch bei vielen andere Restaurants, so zum Beispiel bei Onkel Otto’s im Raum Stuttgart, wo man das Backblechgroße Schnitzel geschenkt bekommt, wenn man es alleine schafft.

Speisenkonzept No. 3: Mit der Keule über der Schulter

In Neukölln gibt es ein Restaurant mit dem Namen „Sauvage“. Das Französische Wort heißt frei übersetzt so etwas wie „ungezähmt“. Was hier wohl serviert wird? Ein weiterer Tipp: Das Sauvage ist das erste Paleo-Restaurant der Welt. Immer noch keine Ahnung? Wir verraten es Ihnen: Es ist ein Steinzeitrestaurant. „Paleo“ heißt, dass nur natürliche, nicht weiterverarbeitete Zutaten benutzt werden – ganz authentisch. Also Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch, Nüsse, Samen, Kräuter kommen auf den Tisch wie sie sind. Keine Geschmacksverstärker, Färbemittel, Konservierungsstoffe. Außerdem keine Milchprodukte, kein Getreide und kein Zucker. Das Ganze soll übrigens sogar gesund sein, gut für die Haut, die Fettverbrennung, das Immunsystem – und das steinzeitliche Essen soll sogar mehr körperliche Lust bewirken.

Speisenkonzept No. 4: Für Naschkatzen und -kater

Das Restaurant Schoko bei Karlsruhe bietet, wie der Name nahelegt, Schokolade an. Allerdings nicht in Tafelform, auch nicht als Kuchen oder Creme. Nein, es sind ganz normale Gerichte fürs Mittag- und Abendessen, die alle auf die eine oder andere Weise mit Schokolade zubereitet werden. Eine Variation von Caesar’s Salad mit Kakaodressing, ein Schaumsüppchen vom Ruccola mit Schokoladen-Ziegenkäse-Praline, Steak mit Schokokruste, Weiße-Schokolade-Soße zur Hähnchenbrust. Die eine Zutat, die man sonst nur als Nascherei kennt, wird hier wahrlich kreativ eingesetzt.

Speisenkonzept No. 5: Best Worscht in Town

Zugegeben, nicht gerade für die Hautevolee scheinen Tonalität und Marktzugang des Franchise-Konzepts “Best Worscht in town” zu sein. Der kreative Gründer bzw. Betriebsübernehmer Lars Oberndorfer inszenierte eine Geschäftsidee, die dennoch in der breiten Bevölkerung viel Anklang fand. “Möge die Worscht mit Euch sein” predigt seither der Hesse, wenn es um seine Snack Points geht. Das sind stilvolle Imbiss-Häuser, die eine schlichte, extreme und im wahren Wortsinne scharfe Philosophie zum Markenkern gemacht haben. Die Frage, die sich jeder Besucher nicht zwingend, aber sicher insgeheim stellt: “Wie scharf kann ich es vertragen?” Im Angebot sind vor allem Curry-Wurst-Portionen mit scharfen Saucen, die ihresgleichen suchen. Hier werden Scoville-Zahlen gehandelt – das ist die Maßeinheit zur Messung von Schärfe – von Gaumenkitzel bis zur Waldbrand-Ursache. Auds Marketing-Aspekten heraus jedenfalls kann man konstatieren: Oberndorfer hat seine Hausaufgaben gemacht, über das Konzept spricht Deutschland sowie immer wieder mal auch große Medienformate.

— Die Speisekarte als Kunden-Gewinner – Fortsetzung folgt —

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